von Gregor Marweld
Seit Jahrzehnten laufen Immobilientransfers nach einem bewährten Schema ab, in dem Behörden, Banken und Notare eine wichtige Rolle spielen. Das könnte sich in Zukunft ändern, denn Blockchain könnte viele etablierte Akteure und Institutionen überflüssig machen. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Blockchain ist ein digitales und manipulationssicheres Transaktionstool – das ursprünglich für die Kryptowährung Bitcoin entwickelt wurde. Die Technologie fasst Transaktionen in verschlüsselten Blöcken zusammen. Die Änderungshistorie lässt sich anhand der Kette aller Blöcke – der sogenannten Blockchain – eindeutig nachvollziehen. Manipulationen sind durch die verkettete Verschlüsselung nahezu ausgeschlossen. Auch Datendiebstahl ist so gut wie unmöglich, da die Transaktionsdaten nicht auf einem einzigen Server liegen, sondern auf den Servern aller an der Transaktion Beteiligten.
Wird es also in absehbarer Zeit möglich sein, Immobilientransfers ganzheitlich digital ohne die Mitwirkung Dritter abzuwickeln? Aus der Sicht von Ragnar Lifthrasir, dem Vorsitzenden der International Blockchain Real Estate Association (IBREA), verursachen Drittparteien erhebliche Verzögerungen und Kosten bei Speicherung, Verarbeitung, Übermittlung und Zugriff auf relevante Daten in Immobilien-Transaktionsprozessen. Die Blockchain-Technologie dagegen sei in der Lage, Drittparteien zu umgehen und Daten im Prozess kostengünstig und schnell von überall auf der Welt zugänglich zu machen.
Gregor Marweld: „Ganz ohne Immobilienexperten wird es auch in Zukunft nicht gehen.“
Ob der Blockchain-Hype in der traditionsgeprägten Immobilienwirtschaft Fuß fassen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sie von der Branche, Behörden und Banken akzeptiert wird. Denn allein aus der Tatsache, dass eine Transaktionshistorie und ein Besitzer für eine Immobilie in einer Blockchain gespeichert sind, entsteht noch lange kein rechtmäßiger Besitzanspruch. Erst wenn amtliche Institutionen ein als Blockchain realisiertes Grundbuch als rechtssicher anerkennen, ließen sich Immobilientransfers komplett digital abwickeln. Zudem müssten sich alle Akteure auf ein einheitliches
Blockchain-System einigen. Trotz aller Euphorie gibt es gute Gründe, die gegen einen komplett digitalen Immobilientransfer sprechen: Wer würde das passende und wirtschaftlich attraktivste Angebot für den Investor finden? Wer ermittelt den marktgerechten Preis bei der Veräußerung einer Immobilie? Da Blockchain dies nicht leisten kann, werden wir also auch weiterhin nicht auf die Erfahrung und Kompetenz von Immobilienexperten verzichten können. Nichtsdestotrotz hat die Blockchain-Technologie das Potenzial, bestimmte Prozesse im Immobilientransfer zu vereinfachen. So könnte sie u.a. die Due-Diligence-Prüfung im Immobilien- und Finanzsektor signifikant vereinfachen.