Gregor Marweld: „Denkverbote zur Schaffung dringend benötigten Wohnraums müssen fallen.“

Gregor Marweld - Wohnraum

von Gregor Marweld

In einem offenen Brief an Bausenatorin Lompscher hat Immobilienentwickler Arne Piepgras vorgeschlagen, die innerstädtischen Kleingartenanlagen mit günstigen Wohnungen zu bebauen. Auf 3000 Hektar Fläche, die aktuell für Laubenkolonien vorgesehen sind, könnten nach Ansicht von Piepgras 400.000 Wohnungen entstehen. Den Kleingärtnern könnten im Gegenzug Flächen im Umland angeboten werden. Statt für hunderttausende Neu-Berliner Wohnungen im Umland zu errichten, die Tag für Tag pendeln müssten, wäre dies die ökologisch sinnvollere Variante. Denn Laubenpieper nutzen ihren Kleingarten in der Regel nur am Wochenende und müssten so nur einmal hin und zurück. Ein Vorschlag, über den es sich aus Mangel an Alternativen nachzudenken lohnt.

Gregor Marweld: „Berlin bietet ausreichend Grünflächen, braucht aber dringend Wohnraum.“
Doch die Kleingärten sind dem rot-rot-grünen Senat heilig. „Kleingärten werden dauerhaft gesichert“, heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Doch braucht eine grüne Stadt wie Berlin wirklich 70.000 Kleingärten? Die Idee Kleingärten entstand in einer Zeit, als die Wohnungen noch keinen Balkon hatten. Heute hat nahezu jede Wohnung einen Balkon, weil er für Mieter und Käufer auf der Wunschliste ganz oben steht.  Zudem besteht Berlin zu 32 Prozent aus Grünflächen. Der Weg in den nächstgelegenen Park ist von keinem Ort in Berlin länger als 500 Meter. Hinzu kommen  Urban Gardening und Urban Farming Flächen, auf denen man gemeinsam mit anderen nach Herzenslust Blumen züchten oder Gemüse anbauen kann.

Dass der Senat sein Bekenntnis zur Erhaltung der Kleingartenkolonien kippt, ist angesichts der politischen Konstellation wenig wahrscheinlich. Wünschenswert wäre allerdings eine breite gesellschaftliche Diskussion über eine teilweise Bebauung der Flächen. Wenn nur die Hälfte bebaut würde, könnten immerhin noch 200.000 neue Wohnungen geschaffen werden. Angesichts der mehr als angespannten Wohnraumsituation in Berlin darf es keine Tabus geben!

Gregor Marweld: „Steuerfreies Spekulations-Roulette beenden.“

Gregor Marweld - Spekulations Roulette

von Gregor Marweld

Angesicht 194.000 fehlender Wohnungen und einer sich immer schneller nach oben bewegenden Mietpreisspirale muss der Berliner Senat gegensteuern – in dem er die Hürden für Spekulanten erhöht und für seriöse Entwickler senkt.

Auf dem Berliner Grundstücksmarkt prallen zwei Arten von Investoren aufeinander: Auf der einen Seite stehen Spekulanten, die Grundstücke als Kapitalanlage erwerben, um sie mit hoher Rendite zu veräußern – und damit die Grundstückspreise in der Stadt weiter in die Höhe treiben. Auf der anderen Seite stehen Projektentwickler und Bauträger, die auf den erworbenen Grundstücken tatsächlich möglichst schnell bauen wollen. Um hier die Spreu vom Weizen zu trennen, sollte der Berliner Senat die Hürden für Spekulanten erhöhen und für seriöse Entwickler senken. Beispielsweise durch den Entzug der Baugenehmigung, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht wirklich gebaut wird. Als weiterer Anreiz eine Reduzierung der Grunderwerbssteuer für schnelles Bauen denkbar.


Gregor Marweld: „
Share Deals mit anteilsmäßiger Grunderwerbssteuer aushebeln.“

 

Die Grunderwerbssteuer liegt in Berlin bei 6 Prozent des Kaufpreises. Kauft ein Investor eine Immobilie im Wert von 900 Millionen Euro fließen 54 Millionen Euro Grunderwerbssteuer in die Landeskassen. Geld, mit dem der Bau von Sozialwohnungen finanziert werden könnte. Wenn die Investoren Grunderwerbssteuer zahlen würden. Doch die stehlen sie sich mit einem Trick aus der Verantwortung: Share Deal heißt das Zauberwort, das dafür sorgt, dass möglichst viel Geld in den Taschen der Investoren verbleibt und die Städte und Gemeinden dann leer ausgehen. Und das funktioniert so: Da die Grunderwerbssteuer nur dann anfällt, wenn 95 Prozent der Anteile erworben werden, geben sich Investoren mit 94,9 Prozent zufrieden und ersparen sich dadurch die gesamte Grunderwerbssteuer. Die Grunderwerbssteuer ist damit faktisch ausgehebelt. Um dem steuerfreien Spekulations-Roulette ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben, muss der Bund handeln – mit einem Gesetz, das Investoren verpflichtet, beim Erwerb von Anteilen – egal in welcher Größenordnung – Grunderwerbssteuer zu zahlen.

Gregor Marweld: „Preiswerten Wohnraum gibt es ab Werk.“

regor Marweld - Wohnraum

von Gregor Marweld

Damit mehr bezahlbarer Wohnraum in den Innenstädten geschaffen werden kann, muss die Nachverdichtung möglichst preisgünstig erfolgen. Deshalb setzen kommunale Wohnungsbaugesellschaften und private Investoren zunehmend auf die serielle Bauteilfertigung. Ganz neu ist die Idee nicht: Bereits 1927 experimentierten Mies van der Rohe und Le Corbusier mit Fertigbauteilen. In den 70er-Jahren feierte das serielle Bauen mit wenig attraktiven Plattenbausiedlungen seinen Durchbruch. Jetzt soll wieder in Serie gebaut werden – diesmal allerdings anspruchsvoll und individuell.

Die moderne serielle Bauteilfertigung ermöglicht es, Wohnungsgrundrisse individuell zu verändern und somit auf die wechselnden Bedürfnisse der Bewohner anzupassen. Durch die serielle Vorfertigung von Wänden, Fußböden und Decken inklusive Rohre, Bodenbeläge, Fußbodenheizung und Elektroverkabelung können die Baupreise je Quadratmeter Wohnraum, die derzeit bei über 3.000 Euro liegen, um mehr als die Hälfte gesenkt werden. Neubaumieten unter 10 Euro je Quadratmeter rücken damit in greifbare Nähe. Und dies ohne Subventionen und steuerliche Anreize.

Gregor Marweld: „Mieten unter 10 Euro sind möglich.“

Doch die Investoren sind eher zurückhaltend. Zum einen, weil entsprechende Bauteilfabriken fehlen. Zum anderen, weil sich viele Kommunen mit der Genehmigung der standardisierten Typenhäuser schwertun. So herrscht in mancher Baubehörde die Angst, dass ihre Städte durch monotone mehrgeschossige Fertighäuser verschandelt werden. Bereits realisierte Projekte beweisen allerdings das Gegenteil: Wenn gute Architekten am Werk sind, lassen sich mit Fertigteilen erstellte Gebäude kaum von traditionell gebauten unterscheiden. Mitmachen müssen allerdings auch die Behörden. Denn günstige Typenhäuser werden nur dann zu günstigem Wohnraum, wenn die Bauaufsicht auf teure Tiefgaragenplätzen verzichtet, die die Mieten um 2 Euro je Quadratmeter erhöhen.


Gregor Marweld: „Moderne Serienfertigung ermöglicht attraktive Architektur.“

Dass serielles Bauen der Moderne absolut nichts mehr mit den Plattenbauten der 70er Jahre zu tun hat, beweist z.B. der Tour Total in Berlin. Die Deutschlandzentrale des französischen Mineralölkonzerns Total in der Nähe des Hamburger Bahnhofs wurde nach Entwürfen des Architektenbüros Barkow Leibinger gestaltet. Die Fassade besteht aus 1.300 vorgefertigten Beton-Fertigteilelementen. Das Hochhaus wurde 2014 mit dem Architekturpreis Beton ausgezeichnet.
Ein weiteres serielles Bauprojekt lässt sich in der Nachbarschaft des IBA-Geländes in Hamburg-Wilhelmsburg besichtigen. Hier hat das Architekturbüro Sauerbruch Hutton 371 Mikroapartments aus komplett vorgefertigten Modulen entwickelt. Die Fertigteile wurden im Werk hergestellt und mussten auf der Baustelle lediglich montiert werden. Nach dem Bau der Betonsockelkonstruktion wurde der Gebäudekomplex in nur vier Monaten errichtet. Der Quadratmeterpreis betrug 1.400 Euro.

Gregor Marweld: „Wenn Beteiligung zur Bürgertäuschung wird.“

Gregor Marweld - Bürgerbeteiligung

von Gregor Marweld

Gregor Marweld: „Darüber, dass Berlin bezahlbaren Wohnraum braucht, sind sich Politik und Bürger erstaunlich einig.“

Wenn dieser aber in unmittelbarer Nachbarschaft entstehen soll, regt sich plötzlich der Protest. Natürlich braucht man neue Wohnungen – aber doch bitte nicht vor der eigenen Haustür. Und so werden Bauprojekte durch Proteste ausgebremst, auf Eis gelegt oder gleich ganz gestoppt. Doch wer mangelnden Wohnraum und zu hohe Mieten beklagt, darf neue Wohnprojekte in der Nachbarschaft nicht per Bürgerentscheid stoppen.

Bei vielen dieser Vorhaben handelt es sich nicht etwa nur um private Investoren, die luxuriöse Eigentumswohnungen bauen wollen, sondern um Projekte städtischer Wohnungsbaugesellschaften, die von protestierenden Nachbarn daran gehindert werden, Sozialwohnungen zu bauen. In einem Brandbrief an Bausenatorin Katrin Lompscher kritisierten die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen die aktuelle Form der Partizipation, die Bauprojekte deutlich verteuert, um bis zu 12 Monate verzögert – und im schlimmsten Fall sogar ganz verhindert.  So zum Beispiel der Hochhausbau auf der Fischerinsel in Mitte, der trotz Baugenehmigung an etwa 1000 Unterschriften scheiterte.

Gregor Marweld: „Partizipation darf keine Posse sein.“


Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung verlangen nahezu zwei Drittel der Bürger von den Behörden eine bessere Informationspolitik bei Bau- und Planungsvorhaben. Durch eine frühe Beteiligung der Nachbarn, einen transparenten und nachvollziehbaren Prozess sowie die Bereitschaft aller Seiten, sich auf Kompromisse einzulassen, verlaufen Partizipationsprozesse in der Regel deutlich friedlicher. Eine Garantie, dass die Emotionen nicht hochkochen, gibt es allerdings nicht.

Laut Jörg Sommer, Herausgeber des Kursbuches Bürgerbeteiligung, hat die Heftigkeit der Debatten in den vergangenen 20 Jahren zugenommen. Die meisten Berliner Bezirksstadträte haben Erfahrung mit schreienden Anwohnern. In der Regel kochen die Emotionen hoch, weil viele Bürger von der Partizipation erwarten, dass sie entscheiden, wo es langgeht. In solchem Fall müssen Politiker auch die Courage haben, offen zu kommunizieren, dass sie am Ende die Entscheidung treffen. Als gewählte Vertreter sind sie dazu nämlich berechtigt.

Wie Partizipationsprozesse zur Posse werden, ließ sich in den letzten Wochen in Berlin beobachten: Beim Projekt Blankenburg-Süd hatten sich Anwohner und Planer in einem zweijährigen Vorplanungsprozess darauf verständigt, dass 6000 Wohnungen errichtet werden sollen. Bei der Eröffnung des offiziellen Partizipationsverfahrens wurde verkündet, dass aus den ursprünglich geplanten 6.000 Wohnungen 10.000 werden sollen. Die Bürger fühlen sich vor den Kopf gestoßen und ließen ihrem Unmut freien Lauf. Zu Recht, wie ich finde. Ein derartiges Verhalten trägt mit Sicherheit nicht dazu bei, das bereits schwindende Vertrauen der Bürger in die Politik zu stärken.

Gregor Marweld: „Bezahlbarer Wohnraum braucht bezahlbare Bau- und Grundstückskosten.“

Gregor Marweld - Baukosten

von Gregor Marweld

Seit 2000 haben sich die Baukosten mehr als verdoppelt. Kostete die Errichtung eines durchschnittlichen Mehrfamilienhauses im Jahr 2000 noch 1739 Euro pro Quadratmeter, sind es mittlerweile 3190 Euro. Zum einen wird Bauen durch die gestiegene Nachfrage nach Bauleistungen teurer, zum anderen erhöhen sich Jahr für Jahr die Kosten durch verschärfte Anforderungen aufgrund gesetzlicher Regulierungen. Ein typisches Beispiel ist die EnEV 2016, die Zusatzkosten von etwa 90 Euro pro Quadratmeter verursacht. Auch der unlängst mit der Berliner Bauordnung beschlossene Pflichtanteil von einem Drittel barrierefreier Wohnungen wird einen merklichen Kostenschub auslösen. „Einen erheblichen Kostenfaktor stellen auch die Beratungs- und Planungsleistungen für Klima-, Schall- und Brandschutz sowie die notwenigen Zertifizierungen dar.“ führt Gregor Marweld aus.

Gregor Marweld: „Es ist notwendig, die kostentreibenden Regulierungen im Wohnungsbau einzudämmen!“

Wie kann man dieser Kostenspirale entgehen? Indem man den angespannten Berliner Grundstücksmarkt durch Neubauprojekte im verkehrsmäßig gut erschlossenen Berliner Umland erweitert. Daneben sollte der Senat über die Einführung eines zweiten Förderweges im Mietwohnungsbau mit geförderten Miethöhen von 8–11 Euro/ m² nachdenken. Nicht zuletzt ist es notwendig, die kostentreibenden Regulierungen im Wohnungsbau einzudämmen oder sogar zurückzufahren.

Nahezu explodiert sind die Berliner Bodenpreise, die seit 2012 um sage und schreibe 345 Prozentzugelegt haben. Üblicherweise macht der Baugrund etwa ein Viertel der Gesamtkosten aus. An Top-Standorten sind es mittlerweile aber schon ein Drittel. Wo man bisher für zehn bis zwölf Euro Miete pro Quadratmeter planen und bauen konnte, sind es heute 14 bis 16 Euro. Günstiger Wohnraum lässt sich vor diesem Hintergrund nicht schaffen. Hier sollte der Berliner Senat die aktuelle Vergabepraxis kommunaler Grundstücke dahingehend ändern, dass nicht der Investor mit dem höchsten Gebot, sondern der mit dem besten Konzept für bezahlbares Wohnen den Zuschlag erhält.

Gregor Marweld: „Berlin baut am Bedarf vorbei.“

Gregor Marweld

Von Gregor Marweld

Rund 45.000 Neu-Berliner sind 2017 in die Hauptstadt gezogen. „Ein Trend, der seit Jahren anhält, doch vom Berliner Senat scheinbar ignoriert wird.“ sagt Gregor Marweld. Gebaut wird schon – aber viel zu wenig und am eigentlichen Bedarf vorbei. Bis 2030 benötigt die Hauptstadt knapp 194.000 neue Wohnungen. Das entspricht rund 10.750 neuen Wohnungen pro Jahr. In den vergangenen Jahren wurde jedoch nie mehr als rund 8.000 Wohnungen pro Jahr fertig gestellt. Das Problem spitzt sich also von Jahr zu Jahr weiter zu. Und heizt damit die Preise an. Mittlerweile liegt der Quadratmeterpreis einer Eigentumswohnung bei 4.400 Euro pro Quadratmeter.

Die zumeist gutverdienenden Wahl-Berliner, die aus anderen Ländern viel höhere Miet- oder Kaufpreise gewohnt sind, haben mit den Preisen in der Hauptstadt kein Problem. Sie ziehen weiterhin in die Trendbezirke im Zentrum. 83 Prozent von kaufen kurz nach Umzug sogar eine Eigentumswohnung. Ganz anders als die alteingesessenen Berliner, von denen 85 Prozent zur Miete wohnen – so viel wie in keiner anderen deutschen Stadt. Und selbst die werden sie sich angesichts der gnadenlosen Preistreiberei bald nicht mehr das leisten können – zumindest nicht in der Innenstadt. Ur-Berlinern bleibt vielfach nichts anderes übrig, als an den Stadtrand zu ziehen oder sogar ins Umland auszuweichen. Luxuseigentumswohnungen treffen vielleicht momentan den Zahn der Zeit, doch Trends sind oft so schnell vorbei, wie sie gekommen sind.

Gregor Marweld: „Was in Berlin völlig fehlt, sind Eigentumswohnungen im mittleren und unteren Preissegment.“

Gregor Marweld
Gregor Marweld – Es wird falsch gebaut

Was hingegen dringend gebraucht wird, sind Wohnungen, die sich Geringverdiener und Menschen mit normalem Einkommen, wie die Verkäuferin, der Polizist und der Postbote leisten können. Was in Berlin völlig fehlt, sind Eigentumswohnungen im mittleren und unteren Preissegment. Dabei ist Eigentum eine gute Möglichkeit, um sich langfristig vor steigenden Mieten und Nebenkosten zu schützen. Um Eigenkapital-Lücken zu schließen, könnte der Senat dazu einen Fonds bei der IBB einrichten. Befürworter einer höheren Eigentumsquote in Berlin sehen die Wohnungsbauförderung des Berliner Senats kritisch. Nach ihren Berechnungen wäre es unterm Strich billiger gewesen, 30 Prozent Eigenkapital an jeden Einwohner zu verschenken. In Zeiten historisch niedriger Zinsen ist selbstgenutztes Wohneigentum attraktiv – auch als Altersvorsorge. Denn das Wohngeld kann man selbst mit einer schmalen Rente noch aufbringen.

 

Weitere Informationen: Die Berliner Büroflächen Ampel steht auf ROT!